Mama Alama · Die weiße Heilerin · Ich habe mein Leben in Afrika gefunden by Wallner Christine

Mama Alama · Die weiße Heilerin · Ich habe mein Leben in Afrika gefunden by Wallner Christine

Autor:Wallner, Christine [Wallner, Christine]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Biographie & Autobiographie
ISBN: 9783280055397
Herausgeber: Orell Füssli Verlag
veröffentlicht: 2014-10-15T00:00:00+00:00


Mücken im Winter

Das Leben ist ein Spiel – spiele es.

Ich bin schon den ganzen Tag aufgeregt wegen seiner Ankunft. Wie immer sitze ich in Wien mit mehreren Leuten zusammen, und wir besprechen mein Projekt Africa Amina Alama: Wie wir effektivere Hilfe leisten können. Welche medizinischen Geräte mit dem nächsten Container nach Tansania verschifft werden sollen. Welche Medikamente wo aufzutreiben sind, welche Ärzte als Spender von medizinischem Material ansprechbar sind. Wo die neuen Flyer am günstigsten zu drucken sind – oder ob es jemanden gibt, der sie uns sogar gratis produzieren würde.

Heute kann ich all den Unterhaltungen aber nur mit halbem Herzen folgen, weil ich an Mangusha denke: Schließlich muss er ganz allein durch den Dschungel auf dem Frankfurter Flughafen, und das ist die erste Flugreise seines Lebens. Er muss allein umsteigen, allein durch den Zoll, allein in den richtigen Flieger nach Wien. Ich versuche, mir noch das Gedränge vor den Einreiseschaltern vorzustellen, als auch schon ein Anruf aus Frankfurt über mein Handy vibriert – von der Flughafenpolizei:

»Frau Dr. Wallner? Hier ist ein Mann, ein Schwarzer, der gibt vor, nach Wien zu wollen. Zu Frau Dr. Dr. Christine Wallner …«

Nach ein paar Schrecksekunden hebe ich an zu sprechen, doch der Mann am anderen Ende der Leitung fällt mir ins Wort: » …und fest behauptet. Seien Sie bitte nicht ungehalten, aber auch in solchen absurden Fällen müssen wir nachfragen …«

Ich spüre, wie immer größerer Ärger in mir aufsteigt. Wie kommen diese Leute dazu, meinen Mann der Lüge zu verdächtigen? Einfach so, nur weil er wie ein Bauer auftritt, der noch nie aus seinem Dorf herausgekommen ist? Oder hat es doch mit seiner Hautfarbe zu tun? Ich kann es nicht glauben …

»Jetzt passen Sie einmal gut auf: Das ist mein Mann, und den lassen Sie jetzt bitte sehr schnell frei. Er hat ein gültiges Ticket, einen gültigen Pass, ein gültiges Visum und eine gültige Einladung von mir – was wollen Sie noch? Vielleicht sollten Sie mir mal Ihre Dienstnummer geben …«

Nun herrscht am anderen Ende der Leitung kurz betretenes Schweigen.

»… Das tut uns leid … Natürlich helfen wir Ihrem Mann sofort, den richtigen Flug nach Wien zu finden. Entschuldigen Sie vielmals …«

Ich nehme die Entschuldigung an, finde es aber trotzdem unglaublich, dass es in der heutigen Zeit noch so etwas gibt. Ich kann mir gut vorstellen, wie Mangusha mit seinen Augen eines unschuldigen Tors einfach die Wahrheit sagt: »Ich bin Farmer. Ich will zu dieser Adresse in Wien. Nein, ich war noch nie in Europa. Ja, Frau Doktor Wallner ist meine Frau.« Manchmal ist die Wahrheit so unglaubwürdig, so überraschend, so fremd, dass wir sie lieber gar nicht begreifen wollen.

Nach einer Stunde fallen wir beide uns auf dem Wiener Flughafen überglücklich in die Arme. Sobald wir im Auto Richtung Stadt sitzen, freue ich mich, dass er darüber staunt, wie hell die Nacht in Europa ist. Als wir bei mir zu Hause ankommen, wundert er sich, in welcher komischen Burg ich doch wohne, mit so vielen Betontreppen und Türen – das hat er sich anders vorgestellt.



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